Chemnitzer Zeitung
September 2004

Pulverdampf weht über das Wasserschloss

Militärhistorisches Spektakel von 3000 Gästen besucht


Der Alte Fritz, Napoleon und der Räuber Karasek hatten am Wochenende in das Chemnitzer Wasserschloss Klaffenbach geladen und gut 3000 Gäste kamen zum historischen Spektakel des "Napoleonischen Exerzierens". Allerdings war es dort mit dem Drill allein nicht getan. Denn zu solch einer Schau gehört das ganze Paket der Illustration von Geschichte, wie sie sich um die Zeit von 1800 auf dem Territorium von Sachsen abgespielt haben könnte.

15 Vereine aus ganz Deutschland hatten ihre Zelte aufgestellt, um in Truppenstärke von rund 100 Freizeit-Soldaten als Preußen, Sachsen oder Franzosen aufeinander loszuschlagen. Sechs Kanonen wurden aufgefahren, die Gewehre geladen und die Bajonette aufgepflanzt, dann hieß es in die Schlacht marschieren. Pulverdampf und Geschützlärm begleiteten das nachgestellte Gemetzel, das sich auf dem Felde gnadenlos vollzog. Im Getümmel auch dabei, die Herren vom "Grenadierbataillon von Spiegel - I. Kompanie Chemnitz". Denn als militärhistorischer Verein ziehen die Mitglieder der Truppe immer wieder in den Krieg, der natürlich nur ein nachgestellter ist.
Vereinsvorsitzender Bert Lochmann wehrte sich allerdings gegen den mitunter geäußerten Vorwurf, so würde Krieg verherrlicht werden. "Die Zeiten waren damals so. Und wir zeigen auch die Grausamkeit des Krieges, wie hart es in den Lazaretten zuging oder wie unmenschlich die Prügelstrafen waren", erklärte Lochmann zum Geschehen. Das beinhaltet am Wochenende eine Reihe ganzer Szenarien, die das Leben der zum Kriegsdienst gepressten Soldaten illustrierten. Dazu gehörte der Exerzierdrill ebenso wie das Lagerfeuer, das Zelt der Marketenderin oder die Themenstationen zu Uniform- und Waffenausstattung der Söldner.


Dass es historisch nicht ganz so ernst zuging, zeigte auch die Beteiligung des Räubers Karasek, der zur Zeit der dargestellten Gefechte bereits in Dresdener Gefangenschaft verstorben war. Deshalb gab der im bürgerlichen Leben Sven Heine heißende Darsteller des Karasek auch gleich noch eine andere Figur. Und zwar einen von den Häschern dingfest gemachten Fahnenflüchtlingen. "Es geht nicht immer nur um die historische Exaktheit. Schließlich soll ein solches Spektakel auch etwas für die Zuschauer bieten, die nicht wie viele hier Hobbyhistoriker oder Geschichtsforscher sind", begründete Heine die leichten Ungenauigkeiten. Und ein Blick in die Zelte der Freizeitsoldaten verriet, das auch hier die Härte der Geschichte ihre Grenzen hat. Zwar war der Boden auch schon mal mit Stroh bedeckt, doch eine Iso-Matte oder ein Regie-Stuhl ließen die Gegenwart nicht völlig ausgeblendet. Das störte aber Gäste wie den 22-jährigen Aaron Haustein nicht, der durch Zufall zum Spektakel kam. "Wir wollten uns eigentlich nur das Wasserschloss ansehen und wussten gar nicht, dass hier so etwas an diesem Wochenende läuft. Aber ich finde, es ist eine ganz interessante Vorführung", so der junge Mann. Auch Besucher Marcel Kroll sah in dieser Schau kein militaristisches Verherrlichen von Krieg, sondern eher eine Art von lebendiger Geschichtsvorstellung, bei der es gelingt, sich die damalige Zeit besser vorstellen zu können. Aussagen, die Bianca Steinbock als Chefin des Wasserschlosses nur zu gern vernahm. Denn sie hatte maßgeblichen Anteil daran, dass das Spektakel erstmalig an diesem Ort über die Bühne gehen konnte. "Wir wollten den Leuten eine Art von Erlebnis bieten, bei dem es einerseits schon auch um Unterhaltung, andererseits aber ebenso um Geschichtsvermittlung geht. Und das scheint uns ganz gut gelungen zu sein", so die Schlossherrin.

Der Erfolg und die große Resonanz bestärken sie in der Idee, diesem ersten Versuch im nächsten Jahr eine zweite Veranstaltung dieser Art folgen zu lassen. Und sie ging in ihren Überlegungen noch weiter. "Gerade der Räuber Karasek hat uns auf die Idee gebracht, hier im Wasserschloss vielleicht auch einmal ein großes Räubertreffen zu initiieren. So mit Ronja Räubertochter, Stülpner Karl und anderen Figuren", so Bianca Steinbock.