Von einem alten Räuber und neuem Markenrecht/
Doch in die Uniform kann jeder schlüpfen
(Sächsische Zeitung, 23.August 2000)


Von Angelika Hoyer

An jedem ersten Sonntag im Monat gehen Neugierige auf Schatzsuche mit Räuberhauptmann Karasek. Zum Spektakel gehören ein Überfall und das zünftige Räubermahl. Das Ganze spielt sich in Seifhennersdorf ab und ist inzwischen ein touristischer Renner in der Grenzstadt. Ins Kostüm des bekanntesten Oberlausitzer Räubers schlüpft bei diesen Veranstaltungen Hans Klecker, der auch in anderen Trachten Oberlausitzer Geschichte mit Mundart und Brauchtum bei Heimatabenden sowie vor Femsehkameras lebendig werden lässt.

Nach Ansicht eines jungen Mittelherwigsdorfers müsste Hans Klecker mit ihm eigentlich eine Vereinbarung schließen, ehe er sich künftig die Räuberjacke anzieht und den Dreispitz aufsetzt. Denn Sven Heine hält seit Sommer vorigen Jahres die Urkunde des Patent- und Markenamtes über die Wort-Bild-Marke RhK Räuberhauptmann Karasek in der Hand. Das Bild zeigt Heine in Räuberuniform und berechtigt den Inhaber, unter dieser Marke unter anderem Werbung für Erzeugnisse aller Art zu betreiben, aber auch zur Unterhaltung und zur Durchführung von Traditions- und Folklore-Veranstaltungen.

Der junge Mann hat sich außerdem schon 1997 einen Schlehenschnaps und jüngst ein Bier-Etikett schützen lassen. Auch Karasek-Souvenirs sind schon in Arbeit: Zinnfiguren und Räuchermänner.
Als Räuberhauptmann tritt Sven Heine auch auf Volksfesten auf. „Es geht mir um Werbung für die Oberlausitz", sagt er.

Mit dem Markenschutz im Zusammenhang mit diesen Produkten hat Heiner Haschke, der Leiter des Seifhennersdorfer Karasek-Museums, kein Problem. Wenngleich er den inzwischen zum populären Volkshelden gewordenen Räuber lieber nur als touristisches Zugpferd denn als Schnapsmarke sehen würde.

Denn die Wiederentdeckung des 1809 in der Festung Dresden gestorbenen Bandenchefs fand laut Haschke schon 1984 im Kulturbund Leutersdorf statt. Danach stöberten Arbeitsgruppenmitglieder in den Archiven und trugen soviel Material zusammen, dass es für einige Bücher gereicht hätte. Aber erst, als Papier keine Mangelware mehr war, erschien im Nürnberger-Verlag das Karasek-Buch.

Es folgten Vorträge, eine Sonderaustsellung im Museum, aus der die Dauerausstellung in einem eigenen Raum geworden ist.
Schließlich entstand Mitte der 90er Jahre der Karasek-Ringwanderweg und im Querxenland erlebt seit 1997 der Räuber beim Familienspaß mit Karasek ungeahnte Popularität. Seither schaut Hans Klecker als Räuberhauptmann auch aus touristischen Hochglanzbroschüren.

"Herr Heine hat kein General-Patent auf den Karasek, er hat lediglich eine Marke mit seinem Foto, aber keinen Alleinvertretungsanspruch."
Diese Lesart vertritt man auch in Seifhennersdorf. "Ich verstehe eigentlich nicht, was die Leute überhaupt stört", meint Sven Heine."Eigentlich könnte jetzt kein anderer mehr in diesem Kostüm und mit diesem Namen Geld verdienen, aber ich gehe nicht auf Crash-Kurs, mir geht es um Tourismus-Werbung".

Wer als Veranstalter von Karasek-Festen und -Feten angesprochen beispielsweise Karasek-Blut und -Bier bzw. Souvenirs verkauft, dem will er aber schon mal die Rolle des Räuberhauptmannes gestatten.
Schließlich herrsche Marktwirtschaft, hat er viel Geld für die Fotos, die Gestaltung und den urkundlichen Markenschutz investiert.

Schluss also mit Räuberwanderungen,Räuber-CD und Heimatabenden mit Karasek? "Nein", sagt Hans Klecker, "der Räuberhauptmann ist Volksgut. Ich bleibe weiter Karasek. Wer damit nicht einverstanden ist, muss das auf dem Klageweg durchsetzen."

Als eigentlich nicht zu monopolisioerende historische Persönlichkeit ordnet auch das Patent- und Markenamt den Räuber ein. Aus den Namen leite sich kein Allgemeinvertretungsrecht ab, heißt es sinngemäß in einem Schreiben, das im April an die Stadt Seifhennersdorf ging.
Das bestätigt auch die Pressestelle des Münchner Amtes: "Aus dem Markenschutz leitet sich tatsächlich kein Recht auf einzelne Wort- oder Bildbestandteile des Namens ab."

Im Klartext, es dürfen auch weiterhin Räuberpfade mit Hans Klecker abgegangen werden. Und man darf sich dazu oder bei anderen Gelegenheiten auch in die Montur schwingen.
Bleibt abzuwarten, ob mit dieser Deutung alle Beteiligten auch wirklich leben können.



Drei Männer in Räubermontur. Heiner Haschke (links), der Leiter des Seifhennersdorfer Karasek-Museums, kleidet sich bei Leinewebertagen und Festen mit dieser Uniform an und führt die Gäste durch die Geschichte. Sven Heine (Mitte) tritt als Räuber bei Volksfesten auf und schlüpft auch bei Werbeterminen für Produkte mit dem Markennamen in die Stiefel. Hans Klecker (rechts) gibt den legendären Räuber schleißlich bei Veranstaltungen und Wanderungen Gesicht.