Wochenkurier
09. Mai 2001

Warum ein Überfall die Bande nur noch interessanter machte


Wenn von Karasek die Rede ist, stellen sich die meisten eine Gestalt vor, die wie ein Robin Hood durch die Wälder an der böhmisch-sächsischen Grenze streifte.

 Das hatte der Jakobimarkt seit Karaseks Zeiten nicht mehr erlebt. Da mischten sich im vergangenen Jahr zum Familientag Räuber unter die Besucher.

 Ostsachsen. Aber statt zu plündern, zu brandschatzen oder zu schießen, verteilten die finsteren Gesellen auch noch Goldtaler. „Allerdings waren die nur aus Schokolade“, schmunzelt Manfred Pilz, der Chef dieser Räuberbande, die sich in Wirklichkeit Verein „Karasek und die Dörfler“ nennt und ganz andere Ziele hat.

Dass man dennoch etwas von den eigenen Prinzipien abgewichen war, stört angesichts der erreichten Aufmerksamkeit keinen der 14 Vereinsmitglieder. Diese hatten sich 1999 zusammengefunden, um den Mythos Karasek zu erforschen und seine Taten und Untaten ins rechte Licht zu rücken. „Wir wollen nicht an der Gestalt rütteln, aber seine Taten werden heute oft glorifiziert“, meint Jochen Kaminsky, der Sprecher des Vereins, und verweist u.a. auf den wieder aufgelegten Karasekroman. „Dabei waren Karasek und seine Bande nur Kinder ihrer Zeit. Und eben dieser Zeit – zwischen dem Siebenjährigen Krieg und Napoleon – interessiert uns. Wir befassen uns vor allem mit der Geschichte im sächsisch-böhmischen Grenzgebiet und in den Enklaven Schirgiswalde und Niederleutersdorf, dem so genannten Dörfel.“ In den Archiven der Umgebung, bis hin zum Dresdner Staatsarchiv, sind die Leutersdorfer Hobbyhistoriker inzwischen Stammgästen.  „Gern würden wir unsere zusammengetragenen Erkenntnisse anderen Vereinen und Institutionen zur Verfügung stellen.“ Doch das Interesse ist gering, vielleicht auch, weil die Wirklichkeit im Zusammenhang mit dem Räuberhauptmann etwas anders war, als man es heute für den Tourismus gebrauchen kann. Lediglich der Bautzner Altstadtverein hat den Verein zu einem Vortrag eingeladen. „Schließlich war Karasek ja in Bautzen eingekerkert.“

Warum die Karasekforscher den Jacobimarkt überfallen haben, kann Jochen Kaminsky leicht erklären: „Wir wollten einfach mehr an die Öffentlichkeit.“ Beim Spitzkunnersdorfer Karaseklauf sind sie dabei und auch beim Bierumzug in Eibau. Dabei müssen „Karasek und die Dörfler“ auch Kompromisse eingehen. Im Verein gibt’s nur drei Dragoner: „Keine Leute und momentan nur drei Uniformen.“

Am zweiten Maiwochenende soll es an der Karasekschenke, wo der Verein sein Stammquartier hat, historische Uniformen in Hülle und Fülle geben.

Der Verein veranstaltet sein erstes historisches Biwak sächsischer, preußischer und österreichischer Soldaten. Dazu hat man sich befreundete Vereine eingeladen, die an beiden Tagen Einblicke in das Soldatenleben im 18. Jahrhundert geben werden. Keine Frage, dass irgendwie auch Karasek eine Rolle spielen wird. Das große Spektakel am Fuße der großen Windkraftanlagen beginnt am Sonnabend 14 Uhr und am Sonntag bereits 10 Uhr.